Sozial- und geisteswissenschaftliche Forschung findet immer in einer bestimmten historischen Situation statt. Und die derzeitige Situation, so schallt es rundherum, könne einen Umstand nicht abschütteln: Sogenannte »populistische« Tendenzen werden an allen geographischen Ecken des Globus diagnostiziert[1] – hierzulande hat die »rechtspopulistische« Alternative für Deutschland derzeit den zweitstärksten Wählerzuspruch[2]. Und obwohl dies genug Anlass zur gemeinsamen akademischen Kontemplation geben könnte, fallen zum Leiden aller interdisziplinär Interessierten auch noch die drei wichtigsten sozial- und geisteswissenschaftlichen Fachtagungen in die gleiche Septemberwoche.

Diese Tagungen waren jedoch nicht nur dem Kalender nach synchronisiert, sondern ebenso in Reaktion auf das Zeitgeschehen – wenn auch auf unterschiedlichen Eskalationsstufen. Der Kongress der Deutschen Vereinigung für Politikwissenschaft (DVPW) stimmte sich mittels des Titels »Grenzen der Demokratie«[3] in seiner Grundausrichtung auf den Topos des Tages ein. Die Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS) wurde schon etwas deutlicher: Zu Beginn ihres Kongresses veröffentlichte sie ein Positionspapier, in dem eine »soziologische Grundbildung für die Schule« gefordert wurde. Obwohl das Schlagwort »Populismus« im Text nicht fällt, kann man es bei der Lektüre doch mit Fug und Recht als elephant in the room bezeichnen. So heißt es unter anderem: »Wer Strukturen und Prozesse komplexer Gesellschaften und Merkmale und Dynamiken sozialen Handelns nicht kennen gelernt hat, lässt sich leichter für verkürzte Welterklärungen und einseitige Vorstellungen von Gesellschaft vereinnahmen. Das birgt nicht nur soziale, sondern auch politische und ökonomische Risiken«[4]. Die Tagung des Verbands der Historikerinnen und Historiker Deutschlands (VHD) ging schließlich mit ihrer Resolution »zur gegenwärtigen Gefährdung der Demokratie« – die maßgeblich auf die Initiative von Göttinger Fachvertretern zurückgeht – noch ein paar Schritte weiter. Für den VHD »bedrohen derzeit maßlose Angriffe auf die demokratischen Institutionen die Grundlagen der politischen Ordnung«[5], denen der Verband nun entschieden entgegentreten will.

Auch die auf den Tagungen von DVPW und VHD geladenen Festredner, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier[6] und Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble[7], sprechen in vielerlei Hinsicht synchron. Beide erinnern an die historische Bedeutung der Austragungsorte, beide kritisieren ein spezialistisches Fachmenschentum: Und beide kritteln auch an der pompösen Verbosität des Betriebs: Es gelte »wissenschaftliche Erkenntnis verständlich aufzubereiten und lesbar zu vermitteln«, so Schäuble. Steinmeier hält dazu an, »Forschungsergebnisse in eine Sprache zu übersetzen, die auch außerhalb von Wissenschaft und Politikberatung verstanden werden kann«. Ebenso kommen beide auf die »Populismus«-Thematik zu sprechen, die sie in Analogie zu Jan-Werner Müllers Arbeiten[8] fassen. Dieser stellt einen rhetorischen »Anti-Pluralismus« als notwendige Bedingung zur Bestimmung des Begriffes »Populismus« heraus[9]. Um dieses Argument zu untermauern, holen sich die beiden Festredner auch echte intellektuelle Schwergewichte ins Boot: »In der Demokratie tritt das Volk ›nur im Plural auf‹, wie Jürgen Habermas geschrieben hat«, spricht Steinmeier. »Mensch-Sein gibt es laut Hannah Arendt zufolge nur im Plural«, so Schäuble. Beides also zunächst deutliche Worte gegen den sogenannten »Populismus«.

Nur an einem entscheidenden Punkt kommen die beiden nicht so recht überein: auf welche Weise sich die Wissenschaft nun in diese Debatte um den »Populismus« einzumischen habe. Eine tendenziöse Parteinahme der Wissenschaft zum Zeitgeschehen, so Schäuble, »lässt sich staatlich nicht verordnen«. Er betont: »Sie [die Wissenschaftler, CB] arbeiten am Grundkonsens mit«, jedoch »nicht mit einem politischen Auftrag«. Steinmeier sieht das indes anders: »Ich wünsche mir jedenfalls, dass Sie, meine Damen und Herren, sich noch mehr einmischen in öffentliche Debatten, dass sie Stellung nehmen zu den großen Fragen der Zeit«, schließt er seine Rede, und man könnte meinen, er habe damit genau den staatlichen Auftrag ausgesprochen, gegen den sich Schäuble gewehrt hat – weiterhin hat sich, wie auch bereits Patrick Bahners in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung angemerkt hat, der VHD mit seiner Resolution an Schäubles Empfehlungen auch »nicht gehalten«[10].

Wie euphorisch sollte dem Aufruf Steinmeiers gefolgt werden? Für eine Einschätzung lohnt sich ein Blick auf den Modus, in welchem die von ihm benannte »öffentliche Debatte« um den sogenannten »Populismus« geführt wird. Denn das Phänomen des »Populismus« kann auch, so schrieb zuletzt Franz Walter, ein »verlässlicher Seismograph [sein] für das, was schief läuft zwischen sozialen wie kulturellen Eliten hier und niedriger geschichteten Bürgern dort«, respektive ein »elementarer Störmelder«[11]. Dann müsste der »Populismus« allerdings auch als ein solcher Seismograph und Störmelder in der Debatte gerahmt werden. Das scheint jedoch nicht der Fall zu sein. Noch 2015 urteilten Dirk Jörke und Veith Selk: »Viele Reaktionen in der seriösen politischen Öffentlichkeit gegenüber Pegida wie auch gegenüber der AFD waren bisher überwiegend moralisierend«[12]. Zwar fielen die Stellungnahmen gegenüber der AfD aufgrund von mangelnden Wahlerfolgen bisher noch gemäßigt aus, würden sich solche Erfolge jedoch einstellen, »so ist zu erwarten, dass auch mit Blick auf die AFD wieder eine stärker moralisierende Auseinandersetzung zu beobachten sein wird«[13]. Und drei Jahre später lässt sich nun der seltene Umstand, ja das Jahrhundertereignis beobachten, dass eine sozialwissenschaftliche Prognose tatsächlich einmal zutrifft. Dies zeigt sich beispielsweise an dem Tonfall, den alteingesessene Bundestagsabgeordnete seit dem Einzug der AfD in den Bundestag anschlagen – allen voran Martin Schulz mit seinem Vorschlag einer Verbannung von Alexander Gauland auf den »Misthaufen der Geschichte«[14]. Der Versuch, sich (unter Applaus der Mitabgeordneten) mit solch moralischen Aussagen politisch abzugrenzen, erzeugt in praxi zuvorderst etwas gegenteiliges, nämlich eine moralische Grenzziehung: hier die ›guten Demokraten‹, dort die ›bösen Populisten‹. Zur Hauptsache wird es dann, auf der richtigen Seite zu stehen. Diese krampfhafte Markierung heben auch die Historiker Dominik Geppert und Peter Hoeres in ihrer Kritik der Resolution des VHD ebenfalls hervor: »Es ging in der Mitgliederversammlung der vergangenen Woche weniger darum, strittige Fragen sachlich und kontrovers zu diskutieren, als vielmehr, das moralisch vermeintlich Richtige per Akklamation zur Geltung zu bringen«[15].

Die Dominanz solcher moralischen Positionierungen resultiert aus der Mode, sich mehr über die Form oder den Tonfall des »populistischen« Lagers zu empören, ohne dabei den Versuch zu unternehmen, ihm auch politisch zu begegnen. Es scheint, man begnüge sich damit, »distinguiert die Nase [zu] rümpfen«[16]. Die Kritik an den »Populisten« verkommt dann, wie Phillip Manow hervorgehoben hat, zu einer »Stilkritik«[17]. Diese Beschränkung auf Stil (oder Form) ohne Inhalt korreliert auch mit dem oben erwähnten und derzeit sehr prominenten »Populismus«-Begriff Jan-Werner Müllers. Müller möchte dezidiert die »innere Logik des Populismus« von den »oft als ›populistisch‹ bezeichneten Inhalten«[18] unterschieden wissen und sich in seiner Analyse auf erstere beschränken. Dementsprechend soll das zentrale Merkmal, der oben erwähnte ›Anti-Pluralismus‹, zunächst hauptsächlich als Rhetorik, und damit der »Populismus« als wiederum bloße Form entzaubert werden. Christoph Möllers hat daraufhin bemerkt, dass der »Populismus«-Begriff insofern sehr gut auf ein »politikaverses Schema von Politik«[19] passt. Dieses Schema stellt sich Politik als reinen Verwaltungsakt, also rein formalistisch vor, in welchem alle Entscheidungen sine ira et studio, wie Max Weber entlehnte[20], gefällt werden. Aber, so bemerkt Möllers weiter: »In unpolitische Institutionen zu vertrauen, ohne sich um politische zu kümmern, ist politisch naiv«. Dieses Pochen auf unpolitische Institutionen findet sich innerhalb der Wahlbevölkerung, so Cornelia Koppetsch, insbesondere in der bürgerlichen Mittelschicht. Diese springt denn auch in einigermaßen beratungsresistenter Manier auf den unpolitisch-moralischen Empörungszug auf: »Für sie verkörpert die Anhängerschaft der AfD schlichtweg das ›Andere‹ der modernen Gesellschaft, nämlich das Gegenteil von Toleranz, Weltoffenheit, Liberalismus« – hierdurch wird es dann schlichtweg undenkbar, dass jemand mit »Latte Macchiato oder Gendermainstreaming« nichts anfangen könne[21]. Somit gesellt sich zum auf ›Form‹ und ›Stil‹ abstellenden Begriff von Populismus, ein auf formale Akte beschränkter Begriff von Politik. Nimmt man dann noch hinzu, dass auch moralische Standpunkte per definitionem nicht verhandelbar und damit nicht politisch sind, lässt sich schließen, dass die politische Debatte derzeit in dreierlei Hinsicht vollends unpolitisch geführt wird.

Freilich sind angewiderte Auslassungen über Tonfall und Stil allein kein Argument: »Schließlich weiß jeder politisch aktive Bürger, dass auf einer Kundgebung am meisten Energien freigesetzt werden, wenn der Redner in einfacher, bildreicher, zuspitzender Sprache die Kampagne führt«[22]. Die Moralisierungen erzeugen vielmehr einen weiteren gegenteiligen Effekt: »Moralisierung als Antwort auf den Rechtspopulismus ist Wasser auf die Mühlen jener Populisten, die eine Dichotomie zwischen den ›abgehobenen Eliten‹ und den ›einfachen Bürgern‹ behaupten«[23], denn die moralischen Abgrenzungsversuche werden nicht als Beschuss wahrgenommen, sondern als Schießpulver verwendet. Das wiederum ermutigt die ›abgehobene Elite‹ zum Gegenschlag: Es entwickelt sich in der öffentlichen Debatte eine Spielart dessen, was Renate Mayntz und Brigitta Nedelmann in den 1980er Jahren einen »eigendynamischen sozialen Prozess«[24] genannt haben. Eigendynamisch insofern, als dass »die Akteure«, in diesem Fall die zwei Lager der ach so fürchterlichen ›Populisten‹ und der ach so hilflosen ›Anti-Populisten‹, »die sie antreibenden Motivationen im Prozessverlauf selbst hervorbringen und verstärken«[25]. Diese Selbstverstärkung lässt sich auch in der Rhetorik gut beobachten: Was bei Gauland als »Vogelschiss« beginnt[26], wächst in der Erwiderung von Schulz dann gleich zu einem ganzen »Misthaufen« an. Anhand dieser Qualitäten werden alle Beteiligten zur ständigen Fortsetzung des Prozesses angehalten.

Nimmt man diese beiden grob skizzierten Momente – erstens eine ohnehin erhöhte Aufmerksamkeit des wissenschaftlichen Betriebes für das »Populismus«-Thema und zweitens die dominierende Art, wie die öffentliche Debatte hierzu geführt wird – zusammen, sind die Struktur, die Argumente und die Ergebnisse des kürzlich veröffentlichten »Populismusbarometers« beinahe zwangsläufig – und daher ebenfalls kritisch in Augenschein zu nehmen. Hauptindikator dieser vom Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) und der Bertelsmann-Stiftung herausgegebenen Studie[27] ist die sogenannte »populistische Einstellung« der Wahlbevölkerung, die anhand von acht Items erhoben werden soll. Aber die erstgenannte Forschungsfrage geht gleich weit darüber hinaus: »Wie wirkt sich die AfD auf das politische Klima aus?«, weiterhin soll ermittelt werden »wie erfolgreich sind die Strategien der anderen Parteien im Umgang mit der rechtspopulistischen Herausforderung?«[28] Es ist also von Anfang an klar, was hier mit »Populismus« eigentlich gemeint ist, nämlich »Rechtspopulismus«. Auch das Fazit der Studie erörtert nicht eine »populistische Einstellung«, sondern fällt zunächst ein politisches Urteil: »Die bisherigen Bemühungen der etablierten Parteien, den Rechtspopulismus der AfD einzudämmen, sind vorerst gescheitert«[29]. Es scheint also nicht vorrangig darum zu gehen, die »populistische Einstellung« zu erheben und zu verstehen, sondern vielmehr darum, dieses ›Andere‹ im politischen Diskurs zu markieren und möglichst weit von sich weg zu halten. Diese ›Distanzierung‹ findet sich auch in der visuellen Darstellung der Forschungsergebnisse: Der ›populistisch eingestellte‹ Anteil der Wahlbevölkerung (30,4%) ist im Kreisdiagramm säuberlich abgetrennt vom nur ›teils/teils‹ und ›nicht-populistischen‹ Anteil[30]. Und die AfD findet sich in der zweidimensionalen Grafik zur Verteilung »nach Populismus und Links-Rechts-Orientierung« ganz weit ab oben rechts in der Ecke[31].

Äußerst fragwürdig ist auch die sprachliche Vermengung der Beforschten: Mal wird von »populistisch eingestellten Wählern«[32] gesprochen, mal gleich einfach von »Populisten«[33], obwohl dasselbe gemeint ist. Oder beide Adressierungen werden vermischt: »Populisten haben ein anderes Verständnis von Demokratie als unpopulistische Wähler«[34]. Im methodischen Anhang der Studie ist dann bei der Aufschlüsselung des Indikators »populistische Einstellung« gar von »populistischen Items« die Rede[35].

Hinzu kommt, dass sich auch inhaltlich einige irreführende Darstellungen finden, die häufig mit einer Problematisierung der »politischen Mitte« zusammenhängen. Unter anderem wird die »populistische Einstellung« mit einer »Links-Rechts-Selbsteinstufung« korreliert. Hieraus wird geschlossen: »Populismus ist kein exklusives Phänomen der politischen Ränder. Im Gegenteil – die zahlenmäßig meisten Populisten positionieren sich selbst in der politischen Mitte«[36]. Dies ist irreführend insofern, als dass sich zunächst schlichtweg ein Großteil der Wahlbevölkerung selbst als politisch gemäßigt verortet – so lässt sich denn in der Grafik auch leicht eine Normalverteilung in der politischen Orientierung erblicken. Die hierzu ermittelten relativen Anteile sollen zeigen, »dass der Anteil populistischer Wähler im politisch rechten Spektrum deutlich größer ist als […] in der politischen Mitte«[37]. Die Differenz beträgt jedoch nur fünf Prozentpunkte – nimmt man die Anteile der ›teils/teils‹-Eingestellten hinzu, welche im ›rechten Spektrum‹ kleiner, aber dafür im ›mittleren Spektrum‹ größer ist, sogar nur drei Prozentpunkte.

Weiterhin sind auch einige Erklärungen des »Populismus«-Phänomens mindestens verkürzt. So gehen die Herausgeber davon aus, dass »populistische Einstellungen« in der Wahlbevölkerung immer latent vorhanden seien. Zur Erklärung der derzeitigen Situation heißt es daher: »Die AfD musste den Populismus vieler Wähler in Deutschland also nicht erst erfinden, sondern hat ihn vor allem mit Hilfe migrations- und ausländerfeindlicher Ressentiments lediglich politisch aktiviert«[38]. Ein überraschender Befund, wenn man berücksichtigt, dass die verwendete Fragebatterie zur »populistischen Einstellung« keine einzige Frage zu Migration oder Ausländerfeindlichkeit umfasst.[39] In einer später angeführten Erhebung zu bestimmten »Sachpositionen« der Befragten taucht immerhin eine Frage zur Flüchtlingsproblematik auf. Hierzu die Autoren: »Der Politik ist es bisher augenscheinlich nicht gelungen, die Fronten in dieser Frage zu beruhigen und zwischen den unterschiedlichen Positionen zu vermitteln«. Warum scheint dies der Fall zu sein? »Das liegt mit großer Wahrscheinlichkeit vor allem an der konsequent skandalisierenden Pflege und Verzerrung des Themas durch die rechtspopulistische AfD«[40] – womit man wieder bei der moralischen Empörung über den Tonfall der Debatte angelangt ist.

Zuletzt finden sich auch in den Vergleichen zwischen »populistischer Einstellung« und sozioökonomischen Indikatoren gravierende Verkürzungen. Die Herausgeber identifizieren einen klaren Zusammenhang zwischen Bildungsgrad und »populistischer Einstellung«: »Ein hoher Bildungsstand schützt eher vor populistischen Einstellungen, mehr Bildung ist deshalb eine scharfe Waffe gegen anschwellenden Populismus«[41] – ohne jedoch darauf hinzuweisen, auf welchen Voraussetzungen der Zugang zu solch höherer Bildung beruht, und welch andere Lebenslage aus einem solchen Zugang resultieren kann. Diese Lücke ist insofern interessant, als dass die Herausgeber durchaus zeigen, dass besserverdienende Schichten ebenfalls weniger häufig »populistische Einstellungen« aufweisen[42]. Allerdings – so sei an dieser Stelle mit einem Augenzwinkern angemerkt – findet sich der Satz ›mehr Einkommen ist deshalb eine scharfe Waffe gegen anschwellenden Populismus’ in der Studie nicht. Hiermit bestätigt sich eine weitere Beobachtung von Jörke und Selk: »Die implizite Position vieler Antipopulisten scheint zu sein, dass sich eine demokratische und tolerante Geisteshaltung bei dem Großteil der Bürger irgendwie spontan selbst generiert« – solange ja genug Hölderlin konsumiert wird. Die »Verbesserung der ganz handfesten, materiellen Lebensumstände der Menschen« dagegen wird ungern thematisiert.[43]

Die gefährliche Tendenz, dass bei empirischer Forschung »nicht mehr herauskommt, als Sie [die Forscher, CB], grob gesagt, an Ideen hereingesteckt haben«, wie es Adorno formuliert hat[44], zeigt sich also auch beim »Populismusbarometer«. Insbesondere, wenn man den dominierenden moralischen Tonfall der öffentlichen Debatte um den »Populismus« als eine solch ›hereingesteckte Idee‹ betrachtet. Auch Koppetsch hat bereits kritisiert, dass die konzeptionellen Zugänge in der »Populismus«-Forschung »selbst ein Stück Identitätspolitik« sind[45]. Und dann lässt sich weiterhin skandieren: »Die Hölle, das sind« – empirisch betrachtet – »die Anderen«[46].

[1] Cox, Michael: Understanding the global Rise of Populism, URL: https://medium.com/@lseideas/understanding-the-global-rise-of-populism-27305a1c5355 [eingesehen am 13.10.2018].

[2] INSA: Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre …, URL: https://www.wahlrecht.de/umfragen/insa.htm [eingesehen am 13.10.2018].

[3] Informationen zum Kongressthema nachzulesen unter URL: https://www.dvpw.de/kongresse/dvpw-kongresse/dvpw2018/kongressthema/ [eingesehen am 13.10.2018].

[4] Die Pressemeldung ist nachzulesen unter URL: https://www.soziologie.de/nc/aktuell/meldungen-archiv/einzelansicht/archive/2018/09/25/article/soziologische-grundbildung-fuer-die-schule/ [eingesehen am 13.10.2018].

[5] Die Resolution ist nachzulesen unter: URL: https://www.historikerverband.de/verband/stellungnahmen/resolution-zu-gegenwaertigen-gefaehrdungen-der-demokratie.html [eingesehen am 13.10.2018].

[6] Steinmeier, Frank-Walter: 27. Kongress der Deutschen Politologen, URL: http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Frank-Walter-Steinmeier/Reden/2018/09/180926-DPVW-Kongress-Frankfurt.html [eingesehen am 13.10.2018].

[7] Schäuble, Wolfgang: Festrede von Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble zur Eröffnung des 52. Historikertages in Münster, URL: https://www.bundestag.de/parlament/praesidium/reden/016/571400 [eingesehen am 13.10.2018].

[8] Müller, Jan-Werner: Was ist Populismus? Ein Essay, Berlin 2016.

[9] Müller: Populismus, S. 18, S. 19, S. 42, S. 44, S. 51, S. 52, S. 66, S. 70, S. 74, S. 78, S. 82, S. 84, S. 88, S. 92, S. 115, S. 129.

[10] Bahners, Patrick: Die Lehrer Deutschlands, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.09.2018, URL: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/deutsche-historiker-stellen-sich-gegen-die-afd-15812149.html [eingesehen am 13.10.2018].

[11] Walter, Franz: Zeiten des Umbruchs? Analysen zur Politik, Stuttgart 2018, S. 42 u. S. 44.

[12] Jörke Dirk/Selk, Veith: Der hilflose Antipopulismus, in: Leviathan, Jg. 43 (2015), H. 4, S. 484–500, hier S. 484.

[13] Ebd., S. 485. Die Schreibweise »AFD« ist diejenige von Jörke und Selk.

[14] O.V.: »Auf den Misthaufen der deutschen Geschichte gehören Sie«, in: Spiegel Online, 12.09.2018, URL: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/martin-schulz-zu-alexander-gauland-misthaufen-der-deutschen-geschichte-a-1227687.html [eingesehen am 13.10.2018].

[15] Geppert, Dominik/Hoeres, Peter: Gegen Gruppendruck und Bekenntniszwang, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.10.2018, URL: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/hoch-schule/zwei-historiker-wenden-sich-gegen-die-resolution-aus-muenster-15828216.html [eingesehen am 13.10.2018].

[16] Walter: Umbruch, S. 46.

[17] Manow, Philip: »Dann wählen wir uns ein anderes Volk …«. Populisten vs. Elite, Elite vs. Populisten, in: Merkur, 03.04.2018, URL: https://www.merkur-zeitschrift.de/2018/04/03/dann-waehlen-wir-uns-ein-anderes-volk-populisten-vs-elite-elite-vs-populisten/ [eingesehen am 13.10.2018].

[18] Müller: Populismus, S. 110.

[19] Möllers, Christoph: Wir, die Bürger(lichen), in: Zeit Online, 02.07.2017, URL: https://www.zeit.de/kultur/2017-06/demokratie-parteien-politik-rechtsextremismus [eingesehen am 13.10.2018].

[20] Weber, Max: Wirtschaft und Gesellschaft, in: Max Weber Gesamtausgabe Bd. 23, Hg. Knut Borchardt et al., Tübingen 2013, S. 466.

[21] Koppetsch, Cornelia: Eine Welle der Nostalgie, in: Merkur, 23.08.2018, URL: https://www.merkur-zeitschrift.de/2018/08/23/soziologiekolumne-eine-welle-der-nostalgie-die-akademische-mittelschicht-und-die-illiberale-gesellschaft/ [eingesehen am 13.10.2018].

[22] Walter: Umbruch, S. 46.

[23] Jörke/Selk: Antipopulismus, S. 491.

[24] Mayntz, Renate/Nedelmann, Brigitta: Eigendynamische Soziale Prozesse. Anmerkungen zu einem analytischen Paradigma, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie Jg. 39 (1987), H. 4, S. 648–668.

[25] Mayntz/Nedelmann: Prozesse, S. 649.

[26] »Gauland: ›Hitler und Nazis nur ein Vogelschiss‹ – Kramp-Karrenbauer reagiert sofort«, in: Focus Online, URL: https://www.focus.de/politik/deutschland/bundeskongress-der-jungen-alternative-hitler-und-nazis-nur-ein-vogelschiss-gauland-relativiert-ns-zeit_id_9028845.html [eingesehen am 13.10.2018].

[27] Vehrkamp, Robert/Merkel, Wolfgang: Populismusbarometer 2018. Populistische Einstellungen bei Wählern und Nichtwählern in Deutschland 2018, URL: https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Publikationen/GrauePublikationen/ZD__Studie_Populismusbarometer_2018.pdf [eingesehen am 13.10.2018].

[28] Vehrkamp/Merkel: Populismusbarometer, S. 6.

[29] Ebd., S. 18 u. S. 81.

[30] Ebd., S. 9 u. S. 28.

[31] Ebd., S. 13 u. S. 68.

[32] Ebd., S. 23.

[33] Ebd., S. 37–39.

[34] Ebd., S. 68.

[35] Ebd., S. 86.

[36] Ebd., S. 31.

[37] Ebd., S. 32.

[38] Ebd., S. 28.

[39] Ebd., S. 19 u. S. 26.

[40] Ebd., S. 54.

[41] Ebd., S. 34.

[42] Ebd., S. 35.

[43] Jörke/Selk: Antipopulismus, S. 496.

[44] Adorno, Theodor W.: Einleitung in die Soziologie, Frankfurt 1993, S. 153.

[45] Koppetsch: Nostalgie, in: Merkur, 23.08.2018, URL: https://www.merkur-zeitschrift.de/2018/08/23/soziologiekolumne-eine-welle-der-nostalgie-die-akademische-mittelschicht-und-die-illiberale-gesellschaft/ [eingesehen am 13.10.2018].

[46] Satre, Jean-Paul: Geschlossene Gesellschaft, Reinbek 1986, S. 61.