In den letzten zwei Jahrzehnten sind radikal-rechtspopulistische Parteien (RRPP) in nahezu allen Demokratien Europas zahlreicher und erfolgreicher geworden (Manow 2019; Gabriel et al. 2022).[1] Auch die deutsche AfD hat sich seit ihrer Gründung von einer eurokritischen Protestpartei zu einer radikal-rechtspopulistischen Kraft entwickelt, die insbesondere die Migrationskrise nutzte, um ökonomische Unsicherheiten und soziale Ungleichheiten in ein migrationspolitisches Konfliktnarrativ zu übersetzen. Damit konnte sie sich im deutschen Parteiensystem erfolgreich etablieren (Conrad 2020).

RRPP zeichnen sich dadurch aus, dass sie ideologisch Nativismus, Autoritarismus und Populismus verknüpfen. Diese Elemente werden auf unterschiedliche Weise durch die Parteien verbunden; ihnen ist jedoch gemeinsam, dass sie einen überdurchschnittlichen Anteil ihrer Programmatik den als kriminell charakterisierten Ausländer*innen oder den »Fremden« widmen. Durch diese Ideologie entstehen Spannungen gegenüber Kernelementen der liberalen Demokratie, insbesondere dem Schutz von Minderheiten und dem Pluralismus (Mudde 2016). Aufgrund der damit einhergehenden Angriffe dieser Parteien auf demokratische Ordnungen beschäftigen sich auch Politikwissenschaftler*innen eingehend mit dem Phänomen (Guriev und Papaioannou 2022; Rippl 2022).

Ein erst kürzlich untersuchter Erklärungsansatz für ihren Erfolg richtet den Blick auf den Einfluss staatlicher Ausgabenpolitik – und liefert robuste Ergebnisse: Austerität, also staatliche Sparmaßnahmen und die Einschränkung öffentlicher Leistungen, begünstigt das Erstarken populistischer (insbesondere rechtspopulistischer) Parteien (Gabriel et al. 2022; Hübscher et al. 2023; Baccini und Sattler 2024). Die zugrunde liegenden Mechanismen dieses Zusammenhangs wurden bislang allerdings nur wenig beleuchtet. Bisherige Studien legen jedoch nahe, dass Sparmaßnahmen besonders ökonomisch vulnerable Gruppen treffen, welche in der Folge eher RRPP wählen (Kohlrausch 2018; Vlandas und Halikiopoulou 2022; Baccini und Sattler 2024).

Da wohlfahrtsstaatliche Maßnahmen in unterschiedlichen Politischen Ökonomien jeweils spezifische Wirkungen entfalten, sichern sie unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen ab, während andere vulnerable Gruppen bestehen bleiben (Esping-Andersen 1998). Diese strukturellen Unterschiede bestimmen also, welche Gruppen von Austeritätsmaßnahmen besonders betroffen sind. Bisherige Studien zum Austeritätsansatz behandeln den Einfluss von Austerität über alle Untersuchungsländer homogen, sodass die politökonomischen Kontexte außer Acht bleiben. Um den Austeritätsansatz zu präzisieren und seine Erklärungskraft hinsichtlich der Erfolgsbedingungen von RRPP zu schärfen, sollte die Perspektive der Politischen Ökonomie einbezogen werden. Hierzu bietet die Populismusthese des Politikwissenschaftlers Philipp Manow nützliche Perspektiven. Sie besagt, dass die verschiedenen Formen populistischen Protests in Europa (Links- und Rechtspopulismus) eine Folge der unterschiedlich erlebten Auswirkungen der Globalisierung sind, welche wohlfahrtsstaatlich und arbeitsmarktlich unterschiedlich verarbeitet werden (Manow 2019). Manow versteht Populismus als eine dünne Ideologie, die die Gesellschaft in zwei homogene, sich gegenüberstehende Gruppen zwischen dem reinen Volk und der korrupten Elite teilt – wobei Populist*innen sich selbst als Stimmen des wahren Volkswillens verstehen. Je nach Ausrichtung wird diese populistische Idee mit verschiedenen politischen Inhalten verknüpft (Mudde 2007).

Der Rechtspopulismus verbindet Populismus mit Nativismus; in Europa zeigt er sich vor allem in der Unterscheidung zwischen »Einheimischen« und »Fremden« sowie im Wohlfahrtschauvinismus (Mudde und Kaltwasser 2011, S. 17, S. 27). Linkspopulismus verknüpft die populistische Logik mit egalitär-inklusiven Deutungen (Mudde und Kaltwasser 2011, S. 35). Manow führt die unterschiedlichen Ausprägungen populistischen Protests auf zwei Globalisierungsprozesse zurück: internationalen Handel und Arbeits- beziehungsweise Fluchtmigration, also die freie Bewegung von Gütern und die freie Bewegung von Personen. Rechtspopulismus ist demnach in jenen Ländern erfolgreich, in denen Migration verteilungspolitisch problematisiert werden kann. Linkspopulismus reüssiert dagegen eher in jenen Politischen Ökonomien, in denen das Wachstumsmodell auf heimischer Nachfrage basiert und der freie Handel zu arbeitsmarktpolitischem Anpassungsdruck führt. Manow plädiert daher für einen systematischen, kontextsensiblen Vergleich zur Analyse des Populismus. Vor diesem Hintergrund stellt sich nicht nur die Frage, ob Austerität mit RRPP-Erfolg assoziiert ist, sondern auch, unter welchen konkreten politökonomischen Bedingungen diese Assoziation auftritt.

Die Forschung zeigt konsistent, dass fiskalische Konsolidierung und Einschnitte im Wohlfahrtsstaat mit stärkeren Wahlergebnissen populistischer, insbesondere radikal-rechtspopulistischer Parteien assoziiert werden (Gabriel et al. 2022; Hübscher et al. 2023; Baccini und Sattler 2024). Als verantwortliche Mechanismen werden materielle Deprivation und subjektive Statusunsicherheit diskutiert (Binder 2024; Guriev und Papaioannou 2022). Selten werden diese Zusammenhänge jedoch in ihren nationalen Kontexten betrachtet: Ob und wie Austerität wirkt, dürfte stark vom jeweiligen Wohlfahrts- und Arbeitsmarktregime abhängen (Manow 2019).

Bisher bleibt also unbeachtet, in welcher Politischen Ökonomie die Austeritätsmaßnahmen implementiert werden. Somit stellt sich anschließend die Frage: Unter welchen strukturierenden Bedingungen der Politischen Ökonomie führt Austeritätspolitik zum Wahlerfolg radikal-rechtspopulistischer Parteien? Aufbauend auf Manows Populismusthese (2019) erweitern wir den Austeritätsansatz um strukturelle Kontextbedingungen.

Zur Untersuchung dieser Fragestellung werden eine explorative Hauptkomponentenanalyse (PCA) und eine Fuzzy-Set Qualitative Comparative Analysis (fsQCA) vorgenommen, da mit diesem Vorgehen unterschiedliche Kontexte und Kausalzusammenhänge in den verschiedenen Ländern beleuchtet werden können. Betrachtet werden die nationalen Wahlergebnisse der Wahlen zum Europäischen Parlament von 2009, 2014 und 2019. Ziel ist nicht die kausale Identifikation, sondern die Beschreibung und Prüfung robuster Muster, die zeigen, wann und in welchen Konstellationen Austerität mit RRPP-Erfolg einhergeht.

Wirkweisen der Austeritätspolitik in unterschiedlichen Kontexten

Die verschiedenen Politischen Ökonomien Europas unterscheidet Manow (2018) als »Norden«, »Süden«, »Westen« und »Osten«. Die Unterteilung bezieht sich auf die historisch unterschiedlich gewachsenen Systeme der Wohlfahrtsstaaten und Arbeitsmärkte, die sich grob entlang dieser geografischen Achsen wiederfinden. Deutschland zählt, zusammen mit den konservativ geprägten mitteleuropäischen Ländern sowie den sozialdemokratisch geprägten skandinavischen Ländern, zum »Norden«. »Süden« bezieht sich auf die klientilistisch geprägten Länder im Mittelmeerraum; mit »Westen« sind die liberal geprägten angelsächsischen Länder gemeint. »Osten« bezeichnet die postsowjetischen Länder Osteuropas.

Manow erläutert die wirkenden Mechanismen für populistischen Wahlerfolg folgendermaßen: Im Westen und im Süden wird Migration weniger als ein verteilungspolitisches Problem aufgefasst, weil der Wohlfahrtsstaat entweder nicht großzügig (Westen) oder kaum zugänglich ist (Süden). Insbesondere in den flexibilisierten Arbeitsmärkten des Westens werden Arbeitsmigrant*innen jedoch zu Konkurrent*innen für eher marginale Arbeitsmarktgruppen (Arbeitsmarktoutsider*innen). Gleiches gilt im südeuropäischen Kontext, wo die Konkurrenz jedoch im informellen, unregulierten Sektor entsteht und aufgrund der fehlenden arbeits- und sozialstaatlichen Integration dieses Sektors nicht verteilungspolitisch problematisiert werden kann. In diesen nicht liberalisierten Arbeitsmärkten entsteht der populistische Protest jedoch vonseiten der Arbeitsmarktinsider*innen und richtet sich gegen das Liberalisierungsregime der EU, welches Freihandel mit restriktiver Fiskal- und Geldpolitik verbindet und dadurch den arbeitsmarktpolitischen Anpassungsdruck erhöht. In der Folge profitieren linkspopulistische Parteien (Manow 2019).

Für die Politischen Ökonomien des Nordens beschreibt Manow hingegen einen Zusammenhang zwischen hoher Produktivität, hoher Wettbewerbsfähigkeit und ausgeprägter Exportorientierung. Aus dieser Konstellation folgt ein hohes Preisniveau in diesen Ländern, was wiederum eine umfangreiche Statusabsicherung für Arbeitsmarktinsider*innen und eine großzügige soziale Grundsicherung für Arbeitsmarktoutsider*innen erzeugt. Das Wachstumsmodell dieser Länder hat Rückwirkungseffekte auf die Migration, indem es insbesondere die Wahl des Ziellandes von Fluchtmigrant*innen beeinflusst. Diese Form der Migration führt in diesem Kontext zu einer Konstellation, die rechtspopulistisch ausgebeutet werden kann, indem Migrant*innen als Konkurrent*innen in Verteilungsfragen inszeniert werden (Manow 2019).

Wir erwarten, dass sich Austeritätspolitik abhängig von der jeweiligen Politischen Ökonomie unterschiedlich auf den Erfolg von RRPP auswirkt. Für Länder des nördlichen Typs erwarten wir einen starken Einfluss von Sparmaßnahmen auf den Erfolg von RRPP, da sie den starken Wohlfahrtsstaat einschränken, auf den sich Arbeitsmarktinsider*innen wie -outsider*innen verlassen. Insbesondere erwarten wir, dass die Kombination von strenger Austeritätspolitik und hohen Migrationsraten in den Nord-Ländern ausschlaggebend ist, da Austeritätspolitik die Verteilungskonflikte, die rechtspopulistische Akteure entlang der Achse der Migration inszenieren, verschärft.

Für westliche Länder erwarten wir aufgrund des weniger großzügigen Wohlfahrtsstaates und des liberalisierten Arbeitsmarkts, dass hohe Migrationsraten in Kombination mit hoher Arbeitslosigkeit den Erfolg von RRPP erklären können. Austeritätspolitik erwarten wir nicht als ausschlaggebend, weil andere Faktoren den radikal-rechtspopulistischen Protest in diesen Ländern erklären.

Für den Süden können mit Manow vornehmlich Erwartungen darüber formuliert werden, wann kein radikal-rechtspopulistischer Erfolg eintritt. Manow zufolge führt die Austeritätspolitik dort aufgrund des ausgeprägten Arbeitsmarktdualismus zu linkspopulistischem Protest gegen die europäische Fiskal- und Geldpolitik. Aus diesem Grund erwarten wir, dass Austeritätspolitik in diesen Ländern den radikal-rechtspopulistischen Wahlerfolg nicht erklären kann.

In Bezug auf den Osten liefert Manows These keinen Aufschluss über die erwarteten Zusammenhänge. Zwar integriert Manow einen osteuropäischen Typ in seine Analyse, gruppiert ihn aber später zusammen mit dem westlichen, liberalen Typ und geht nicht weiter auf ostspezifische Mechanismen ein. Das steht in Einklang mit allgemeiner Wohlfahrtsstaatenforschung, welche sich zu großen Teilen vornehmlich auf reiche kapitalistische Demokratien bezieht, sodass eine empirische und theoretische Lücke über idiosynkratische Mechanismen in Osteuropa nach dem Zerfall der Sowjetunion entstanden ist (Aidukaite 2009). Aufgrund dieser Forschungslücke erwarten wir, dass sich für diese Länder andere empirische Muster ergeben, die nicht durch die hier untersuchten Einflussfaktoren erklärt werden können.

Einflussfaktoren des radikal-rechtspopulistischen Wahlerfolgs

In unseren Untersuchungszeitraum fallen zentrale Phasen multipler Krisen in Europa, insbesondere der Finanzkrise (2007 bis 2008) und der Migrationskrise 2015, die tiefgreifende ökonomische und gesellschaftliche Umbrüche auslösten (Manow 2019). Zur Erklärung der Wahlergebnisse betrachten wir neben Austeritätspolitik auch die Migrationsrate, die Arbeitslosenrate und das Wirtschaftswachstum, um die verschiedenen wirtschaftlichen Dimensionen der Krisenerfahrungen in den Ländern einzubeziehen.

Zunächst führen wir eine explorative Hauptkomponentenanalyse (PCA) (Hair Jr. et al. 2019) durch, um herauszufinden, wie die verschiedenen Faktoren untereinander zusammenhängen. Die PCA bietet einen strukturellen Überblick über die Spannungsfelder zwischen wirtschaftlicher Belastung, Migration und Austeritätspolitik. Die PCA bündelt die Bedingungen ohne Outcome zu wenigen, interpretierbaren Komponenten.

Die eigentliche analytische Stärke der PCA liegt im Spannungsverhältnis von Austerität und Migration. Auf der ersten Komponente zeigen unsere Variablen positive Ladungen für Austerität und negative Ladungen für Migration. Entlang dieser Achse zeigen sich drei typische Falllagen: Länder mit ausgeprägter Austerität bei niedriger Migration (Frankreich 2009, Slowakei 2009, Rumänien 2009), Länder mit hoher Migration bei geringer Austerität (Luxemburg 2019, Irland 2019, Malta 2019) sowie Fälle, in denen beides gleichzeitig hoch ausgeprägt ist (Österreich 2014, Dänemark 2009 und 2014, Belgien 2014, Schweden 2014 und 2019, Niederlande 2014). Die Komponenten sind lineare Kombinationen der Bedingungen. Zusammen mit der zweiten Komponente lässt sich im zweidimensionalen Plot erkennen, wo Länder gleichzeitig hohe Ausprägungen auf beiden Bedingungen aufweisen. Das macht gemeinsame Muster sichtbar und liefert den Anlass, sie im nächsten Schritt konfigurationell und mit Outcome zu prüfen.

An dieser Stelle setzt die Fuzzy-Set Qualitative Comparative Analysis (fsQCA) an und bezieht das Outcome ausdrücklich in die Analyse ein. Sie prüft die empirischen Konfigurationen der Fälle und bewertet, ob die in der PCA erkennbaren Lagen der Bedingungen, einschließlich Konstellationen mit Austerität in Verbindung mit hoher Migration, erhöhter Arbeitslosigkeit oder trotz Wachstum, innerhalb der Politischen Ökonomien nach Manow (2018) hinreichend mit dem Vorliegen von RRPP-Erfolg gemeinsam auftreten.

Vergleichende Muster des radikal-rechtspopulistischen Wahlerfolgs

Unter Berücksichtigung der Strukturhinweise aus der PCA führen wir im nächsten Schritt die fsQCA (Ragin et al. 2008; Schneider und Wagemann 2012) durch. Diese Methode dient dazu, systematisch verschiedene Fälle zu vergleichen. Ziel ist es, herauszufinden, welche Kombinationen von Bedingungen dazu führen, dass der Erfolg der RRPP eintritt. So können insbesondere multikausale Zusammenhänge mit verschiedenen Ursachen untersucht werden. Das Ergebnis zeigt mehrere sogenannte Kausalpfade, die das Auftreten des untersuchten Ergebnisses erklären können. Wir führen die fsQCA in zwei Schritten durch: Im ersten Schritt werden alle Länder gemeinsam betrachtet, während im zweiten Schritt die Länder nach den Typen der Politischen Ökonomie nach Manow (2018) separat beleuchtet werden. Ein Pfad bezeichnet eine wiederkehrende Kombination inhaltlicher Bedingungen, die in mehreren Fällen gemeinsam stark ausgeprägt ist und dort zusammen mit RRPP-Erfolg auftritt. Die PCA liefert dafür die Landkarte der Bedingungen und markiert Konstellationen, in denen einzelne Dimensionen, teils zugleich, hoch ausfallen. Die fsQCA prüft diese Konstellationen ausdrücklich gegen das Outcome und fasst sie zu Lösungen zusammen.

Die erste fsQCA zeigt zwei zentrale Kausalpfade (1a und 1b): Der Pfad 1a kombiniert hohe Migration, niedrige Arbeitslosigkeit, geringes Wirtschaftswachstum und strikte Austerität. Diese Konfiguration tritt in Österreich 2014, Dänemark 2009 und Luxemburg 2009 auf und verweist auf die Relevanz von Austeritätspolitik in Kombination mit hohen Migrationsraten.

Der Pfad 1b beschreibt eine Kombination aus niedriger Migration, niedriger Arbeitslosigkeit, hohem Wachstum und fehlender Austerität und erklärt die Fälle Tschechien 2009, Lettland 2019 und Polen 2019. Diese Konstellation wurde von uns nicht erwartet, da wir annahmen, dass in diesen Politischen Ökonomien Faktoren wirken, die hier unbeachtet geblieben sind. Aus diesem Grund müssen wir folgern, dass auch für die Interpretation dieses Pfades weiteres Kontextwissen benötigt wird.

Der erste Schritt der fsQCA verdeutlicht also, dass es sich um eine regionalspezifische Konstellation handelt, die entweder in nördlichen oder in östlichen Ländern gilt, was auf die Relevanz einer kontextsensiblen Untersuchung verweist. Die Erweiterung der Analyse um die regionale Kodierung nach Manow (2018) im zweiten Schritt erlaubt eine aufgeschlüsselte Analyse der wirkenden Mechanismen je nach Politischer Ökonomie.

Für den Norden ergeben sich vier stabile Kausalpfade (Na, Nb, Nc und Nd). In den Pfaden Na, Nb und Nc erscheint Austeritätspolitik als Bedingung für den Erfolg von RRPP, jeweils in Kombination mit Migration, Arbeitslosigkeit oder Wirtschaftswachstum. Die Kombination mit Migration (Na) bestätigt hier nochmals die oben formulierte Erwartung, dass Austeritätspolitik insbesondere in Kontexten mit hoher Migration den Erfolg der RRPP erklären kann. Darüber hinaus wird auch die Konstellation von Austeritätspolitik mit hoher Arbeitslosigkeit (Nb) als Pfad identifiziert: Beide Kombinationen deuten darauf hin, dass Austeritätspolitik zu einer Verschärfung von Verteilungskonflikten in den Politischen Ökonomien des Nordens führt, welche von RRPP instrumentalisiert werden können.

Erstaunlicherweise kann auch die Kombination von Austeritätspolitik mit hohem Wirtschaftswachstum (Nc) einige Fälle erklären. Eine wachsende Wirtschaft weckt der Theorie zufolge zunächst die Erwartung, dass sie soziale Abstiegsängste und den Erfolg von RRPP abschwächen kann. Dieses Ergebnis kann dahingehend interpretiert werden, dass Austeritätspolitik den Einfluss einer wachsenden Wirtschaft überschreibt und trotz einer guten ökonomischen Gesamtlage zur ökonomischen Verunsicherung und zum Erfolg von RRPP führt.

Der Pfad Nd zeigt eine Konstellation von starker Migration, niedriger Arbeitslosigkeit und starkem Wirtschaftswachstum. In diesem Pfad erscheint Austerität nicht als ausschlaggebender Faktor. Hier wird deutlich, dass die radikal-rechtspopulistische Mobilisierung keiner reellen Verteilungskonflikte bedarf, um Erfolg zu haben. Vielmehr zeigt diese Konstellation, dass Migration selbst in ökonomisch stabilen Kontexten rechtspopulistisch politisiert und instrumentalisiert werden kann.

Für den Osten zeigt der zweite Schritt der Analyse keine neuen Erkenntnisse im Vergleich zum ersten Schritt. Für südliche und westliche Länder konnten keine stabilen Pfade identifiziert werden. In Südeuropa, wie in Griechenland, Spanien und Italien, zeigt die Betrachtung der Rohdaten eine klare ökonomische Belastung, ohne dass sich daraus ein Zusammenhang mit RRPP-Erfolgen ergibt. Dies entspricht Forschungsergebnissen, die dort eher linkspopulistische Mobilisierung verzeichnen (Manow 2019; Binder 2024). In Westeuropa zeigen sich heterogene Muster, was auf kulturelle oder institutionelle Einflussfaktoren hinweist, die außerhalb dieser Analyse liegen (Norris und Inglehart 2019; Schäfer und Zürn 2021).

Die Ergebnisse verdeutlichen, dass Austerität je nach politökonomischem Kontext verschieden wirkt. Der Norden Europas erscheint als besonders sensibler Raum, in dem unterschiedliche Kombinationen ökonomischer und politischer Faktoren zu ähnlichen Mobilisierungsmustern führen (Binder 2024). In Süd-, West- und Osteuropa bleiben Erklärungslücken bestehen, die die zukünftige Forschung adressieren sollte.

Austerität als Trend der Neoliberalisierung

In Einklang mit diesen Befunden bettet Binder (2024) die Wirkweise von Austerität in einen breiteren Trend der Neoliberalisierung ein. Er argumentiert, dass sich ökonomische Institutionen seit der Europäischen Integration zunehmend an neoliberalen Ideen wie Wettbewerbsorientierung, staatlicher Ausgabendisziplin und Marktöffnung ausgerichtet haben (Binder 2024). Diese Entwicklungen destabilisieren insbesondere die gewachsenen Wohlfahrtsstaaten Nordeuropas, indem sie materielle Absicherung infrage stellen. Daraus resultiert eine ökonomische Verunsicherung, die über Verlustängste und Statusunsicherheit den RRPP Raum für Mobilisierung gibt. Diese Parteien greifen die Ängste auf, bieten Re-Verankerung durch ökonomischen Nationalismus an und grenzen Migrant*innen als vermeintlich »unwürdige« Leistungsbezieher*innen aus (Binder 2024). Migration wird in diesem Kontext zur »Sollbruchstelle« des Systems, die rechtspopulistisch politisierbar ist (Manow 2019).

Unsere fsQCA-Ergebnisse haben ebenfalls gezeigt, dass Migration selbst in ökonomisch stabilen Kontexten und ohne Austeritätsmaßnahmen rechtspopulistisch ausgebeutet wird. Darüber hinaus zeigen unsere Ergebnisse, dass hohe Migrationsraten durch Austerität an politischer Sprengkraft gewinnen. Diese Wirkung kann selbst in ökonomisch stabilen Kontexten entstehen, was unterstreicht, dass Austerität nicht nur materielle Deprivation, sondern auch subjektive Statusunsicherheit erzeugt (Binder 2024).

Diese Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung politischer Entscheidungen für den Erfolg von RRPP. Die Analyse zeigt, dass Austeritätspolitik insbesondere in den Politischen Ökonomien des Nordens einen relevanten Einfluss auf den Erfolg von RRPP ausübt. Sie erzeugt Unsicherheit, an die radikal-rechtspopulistische Parteien anknüpfen können. Diese Unsicherheit kann sowohl auf objektiven ökonomischen Verlusten wie Jobverlust und materieller Deprivation als auch auf subjektiven Ängsten vor Statusverlust beruhen (Binder 2024). Die Literatur bietet mögliche Deutungen dieser Zusammenhänge. Austerität kann materielle Deprivation und subjektive Statusunsicherheit erzeugen, die politisch mobilisierbar sind (Binder 2024; Guriev und Papaioannou 2022).

Wie Binder (2024) betont, darf die Thematisierung und Bearbeitung dieser materiellen Probleme in der Bevölkerung nicht allein den Populist*innen überlassen werden. Demokratische Parteien sollten diese Herausforderungen ernst nehmen und sich aktiv mit Fragen ökonomischer Absicherung in einer globalisierten Welt auseinandersetzen. Den illiberalen und antipluralistischen Lösungsangeboten der RRPP sollten effektive, demokratische Alternativen entgegengesetzt werden. Austeritätspolitik darf daher die soziale und ökonomische Absicherung der Bevölkerung nicht infrage stellen. Eine Politik, die Versorgungssicherheit betont und verdeutlicht, dass ausreichend Ressourcen für alle vorhanden sind, könnte den durch RRPP inszenierten Verteilungskämpfen den Wind aus den Segeln nehmen.

Literaturverzeichnis

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[1] Der Titel dieses Aufsatzes spielt an auf den Blogbeitrag von Kaufmann (2024): »Macht Sparen rechts? Und warum?«.