Zum Inhalt

Die vorliegende qualitative Interviewstudie hat sich die Aufarbeitung der Entwicklungen von der Entstehung bis hin zum behördlichen Verbot des Deutschsprachigen Islamkreises (DIK) und der zugehörigen Moschee als Aufgabe gesetzt. Um uns der Frage anzunähern, wie es zur Entstehung und Etablierung einer radikalislamischen Moschee mitten in der Hildesheimer Nordstadt kommen konnte, nehmen wir den »Hotbed«-Ansatz als Analysegrundlage. Demnach ist die geographische Verteilung der Herkunftsorte derjenigen, die zum Kämpfen in das Gebiet des IS ausreisten, keineswegs gleichmäßig verteilt, vielmehr stechen bestimmte Orte oder Stadtviertel hervor, in denen sich wiederholt auftretende, die Radikalisierung bedingende Faktoren identifizieren lassen.

Um zu prüfen, warum der inzwischen verbotene Hildesheimer Moscheeverein um den verurteilten »IS-Chefanwerber« in Deutschland, Ahmad A. alias »Abu Walaa«, zu einem Hotbed wurde, führten wir im Frühjahr und Sommer 2021 insgesamt neun Interviews. Wir sprachen mit Mitgliedern der lokalen muslimischen Community und ehemaligen Besucher:innen der DIK-Moschee, nicht-muslimischen Personen, die im direkten räumlichen Umfeld der Moschee wohnen, sowie mit Vertreter:innen von Behörden, Einrichtungen und zivilgesellschaftlichen Institutionen. Ergänzt wird das empirische Material durch eine Auswertung des Social-Media-Contents Abu Walaas, insbesondere seiner Telegram-Channels, sowie durch Aufzeichnungen diverser, von uns besuchter Gerichtstermine des Strafprozesses gegen Abu Walaa.

Die Studie fragt:

■ Welche Faktoren des »Hotbed«-Ansatzes lassen sich in Bezug auf Hildesheim und insbesondere die Hildesheimer Nordstadt identifizieren?

■ Wie veränderte sich das Innenleben der Moschee im Zuge der stetigen behördlichen Überwachung der Moscheegemeinde?

■ Welchen Einfluss hatten die Entwicklungen um die DIK-Moschee, der behördliche Umgang mit ihr und die Medienberichterstattung auf das gesellschaftliche Miteinander in Hildesheim?

■ Wie gestalteten sich die Wechselwirkungen zwischen dem inzwischen verbotenen DIK-Verein bzw. der zugehörigen Moschee und deren Umfeld? Wie erlebten und nahmen die durch unsere Gesprächspartner:innen repräsentierten verschiedenen Bevölkerungs- und Akteursgruppen sowohl die Moscheegemeinde als auch Abu Walaa selbst wahr und wie stehen sie sich nun, über vier Jahre nach dem endgültigen Vereinsverbot, gegenüber?

■ Welche Versuche der Einflussnahme und Interventionen auf den DIK-Verein oder dessen Umfeld wurden unternommen, welche Veränderungen dieser können über den zeitlichen Verlauf identifiziert werden und welche dieser Vorgehensweisen werden von unseren verschiedenen Interviewpartner:innen als besonders positiv oder negativ bewertet?

■ Was kann aus den Entwicklungen in und um die Moscheegemeinde für zukünftige, vergleichbare Geschehnisse abgeleitet werden?