Die Diskussion um die Zukunft der Demokratie und ihre (möglichen) Gefährdungen ist allgegenwärtig. Häufig wird sie mit der Frage verknüpft, wie stark oder schwach der Rückhalt für die Demokratie – insbesondere bei jeweils unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen – ist.[1] Die Frage nach der Demokratieunterstützung unter Muslim*innen ist hier von besonderem Interesse: Ein nicht unerheblicher Anteil der heute in Deutschland lebenden Muslim*innen ist aus nicht als liberale Demokratien verfassten Ländern in die Bundesrepublik eingewandert – in den letzten Jahren vor allem aus Syrien, Afghanistan und dem Irak[2] – oder dies trifft auf ihre Eltern oder Großeltern zu. In diesem Zusammenhang lässt sich die Frage stellen, wie sich die Sozialisation in einem nicht als liberale Demokratie verfassten Staat auf das Ausmaß der Demokratieunterstützung auswirkt: Einerseits wird die These vertreten, dass diese geringer ausfalle, weil die liberale Demokratie im Spannungsverhältnis zu politischen Vorstellungen stehe, die den eingewanderten Menschen (bewusst oder unbewusst) während der Kindheit vermittelt wurden. Andererseits gibt es die gegenteilige These, die Demokratieunterstützung falle größer aus, weil manche Einwander*innen ihr Geburtsland verließen, um staatlicher Unterdrückung zu entgehen und die demokratischen Institutionen in der neuen Heimat daher besonders zu schätzen wüssten.[3] In Bezug auf türkeistämmige Menschen wird medial vor allem diskutiert, inwiefern die Identifikation mit der Türkei, in der rechtsstaatliche Standards zunehmend verletzt werden, sich auch bei in der Bundesrepublik geborenen Menschen negativ auf die Unterstützung der Demokratie auswirken kann.[4] Anlass für diese Diskussion ist die Beteiligung an Wahlen in der Türkei von in Deutschland lebenden türkischen Staatsangehörigen, unter denen Präsident Recep Tayyip Erdoğan, dem der Abbau von Rechtsstaatlichkeit vorgeworfen wird, hohe Stimmanteile erzielt.[5] Bisweilen wird aber auch die Frage aufgeworfen, inwiefern ein Bekenntnis zur liberalen Demokratie und dem Islam – zumindest in seiner orthodoxen Variante – überhaupt miteinander kompatibel sein können. Hier wird vor allem auf die Vorstellung verwiesen, religiöse Gebote, denen ein göttlicher Ursprung zugeschrieben wird, seien geeigneter zur Regelung des Zusammenlebens als menschengemachte, von demokratisch gewählten Parlamenten beschlossene Gesetze. Zudem werden in Koran und Sunna enthaltene Normen angeführt, die den Grundsätzen einer liberalen Demokratie widersprechen. Dies gilt etwa für Körperstrafen oder die Benachteiligung von Frauen im traditionellen islamischen Erb- und Familienrecht.[6]

Der Fokus auf die Frage nach der Demokratieunterstützung in der Bevölkerung allgemein oder durch bestimmte Gruppen verdeckt jedoch die Tatsache, dass Menschen unterschiedliche Vorstellungen mit dem Begriff »Demokratie« verbinden. Deshalb wird die nächste qualitativ ausgerichtete FoDEx-Studie aus dem Fachbereich »Radikaler Islam« in einem ersten Schritt die Frage nach dem Demokratieverständnis junger Muslim*innen stellen und daran anschließend ihre Demokratieunterstützung untersuchen.

Zum Forschungsstand

In Bezug auf Deutschland liegen zahlreiche Studien zu politischen Einstellungen und Partizipation von Muslim*innen sowie von Menschen mit Migrationshintergrund, von denen viele muslimisch sind, vor. Eine der ersten quantitativen Erhebungen zu (politischen) Einstellungen der muslimischen Bevölkerung Deutschlands, die Aussagen auf Grundlage möglichst repräsentativer Umfragen trifft, war eine vom Bundesministerium des Innern (BMI) beauftragte Studie von 2007. Festgestellt wurde eine hohe Zustimmung zu Freiheitsrechten (Demonstrations-, Meinungs- und Streikrecht) und eine geringe Zustimmung zu im islamischen Recht verankerten Körperstrafen. Jedoch befürwortete ein Drittel die Todesstrafe.

Zudem erhielten Aussagen, die einer »Demokratiekritik aus der Perspektive von Moralität«[7] zugeordnet wurden (Befürwortung einer staatlichen Medienkontrolle zum Schutz der Moral, Priorisierung der Religion gegenüber der Demokratie, Verantwortlichmachen der Demokratie für hohe Kriminalitätsraten), Zustimmungswerte zwischen 40 und 60 Prozent.[8] Wurde der Effekt sozialstruktureller Bedingungen wie Bildung (auch der Eltern) berücksichtigt, zeigten sich muslimische Schüler*innen nicht demokratiedistanter als Schüler*innen ohne Migrationshintergrund. Mit 15,7 Prozent fiel die Zustimmung zu einem antisemitischen Item jedoch deutlich höher aus als bei nicht-muslimischen Befragten.[9] Unter muslimischen Studierenden waren demokratiedistante Einstellungen noch seltener, doch auch unter ihnen wurde eine überdurchschnittliche Verbreitung von Antisemitismus (etwa bei einem Drittel der Befragten) festgestellt.[10] Eine weitere vom BMI beauftragte Studie mit ähnlichen Items von 2011 bestätigte eine partiell stärkere Demokratiedistanz von Muslim*innen im Vergleich zur Kontrollgruppe.[11]

Demonstration zu Afghanistan in Berlin

Abb. 1: Demonstration zu Afghanistan in Berlin 2020. Bildquelle: Leonhard Lenz/Wikimedia Commons, URL: / https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/69/Protest_against_Afghanistan_government_Berlin_2020-06-13_08.jpg

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Zu positiveren Ergebnissen kam Gert Pickel bei seiner Auswertung der Daten des Religionsmonitors 2017. Demnach befürworteten Muslim*innen die Demokratie im Grundsatz ähnlich stark wie die Gesamtbevölkerung (sogar minimal stärker) und seien ähnlich stark zufrieden mit dem Zustand der deutschen Demokratie,[12] befürworteten aber leicht häufiger als die Gesamtbevölkerung »jemand, der mit harter Hand regiert«[13], was als Anzeichen für eine stärkere Verbreitung autoritärer Einstellungen verstanden werden kann. Ähnlich stellte Stephanie Müssig 2021 in Bezug auf Muslim*innen mit Migrationshintergrund fest, dass ihre Demokratieunterstützung nicht geringer war als die nicht-muslimischer Einwander*innen. Muslim*innen seien aber insgesamt in geringerem Maße politisch aktiv, was allerdings nicht auf religiöse Überzeugungen, sondern auf ihren durchschnittlich schwächeren sozioökonomischen Status und niedrigere Bildungsabschlüsse im Vergleich zur Bevölkerungsmehrheit zurückzuführen sei.[14]

Eine 2021 durchgeführte Befragung unter türkeistämmigen, überwiegend deutschen Anhänger*innen der DİTİB-Jugendorganisation Bund der Muslimischen Jugend (BDMJ)[15] kam zu dem Ergebnis, dass immerhin eine erhebliche Minderheit der Befragten der Aussage »Deutschland ist ein demokratisches Land« nur eingeschränkt oder gar nicht zustimmte und das Niveau des Vertrauens der Befragten in den deutschen Staat vergleichsweise niedrig war. Dennoch wurde eine hohe Bereitschaft zur Wahlbeteiligung festgestellt[16], auch wenn viele Befragte glaubten, in Deutschland nicht als Deutsche anerkannt zu werden und sich – angesichts dieses Eindrucks wenig überraschend – nur eingeschränkt als Deutsche fühlten. Bemerkenswerterweise korrelierte ein höheres Maß an Religiosität positiv mit der Bereitschaft zum gesellschaftlichen Engagement.[17]

Die Einstellungen von Menschen, die ab 2015 aus islamisch geprägten Ländern nach Deutschland kamen, waren bislang nur selten Gegenstand der Betrachtung. Die 2016 erschienene »IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten« nahm Menschen in den Blick, die zwischen 2013 und Januar 2016 in der Bundesrepublik Asyl beantragt hatten – unter ihnen machten Menschen aus Syrien, Afghanistan und Irak zusammen 59,6 Prozent der Befragten aus. Festgestellt wurde, dass die Neuangekommenen die Demokratie in hohem Maße unterstützen.[18] Die Befragten stimmten der Aussage »Man sollte ein demokratisches System haben«[19] zu 96 Prozent zu. Die Zustimmung zu einem »Führer«[20], der Parlament und Wahlen ignorieren kann, war mit 21 Prozent minimal geringer als unter deutschen Befragten. Auch die Zustimmung zur Gleichberechtigung der Geschlechter war mit 92 Prozent groß, die Befürwortung von Bürgerrechten als Schutz vor staatlichen Übergriffen mit 93 Prozent zehn Prozentpunkte höher als bei deutschen Befragten.[21] Eine im Sommer 2016 in Berliner Geflüchtetenunterkünften durchgeführte, nicht-repräsentative Umfrage kam zu ähnlichen Ergebnissen, stellte jedoch auch eine relativ hohe Zustimmung zu autoritarismusaffinen Aussagen fest.[22]

Insgesamt zeigen bisherige Forschungsergebnisse, dass Muslim*innen das abstrakte Konzept der Demokratie ähnlich wie der Rest der Bevölkerung insgesamt positiv einschätzen – ebenso Freiheitsrechte. Gleichzeitig deuten einige Studien auf ein verstärktes Maß an moralischer Demokratiekritik und auf eine stärkere Anfälligkeit eines Teils der muslimischen Bevölkerung für Antisemitismus hin. Einige Studien identifizieren bei Muslim*innen auch eine stärkere Neigung zum Autoritarismus als bei der deutschstämmigen nicht-muslimischen Bevölkerung – andere Arbeiten kamen zum gegenteiligen Ergebnis.

Während quantitative Studien Demokratieunterstützung oder auch Demokratiezufriedenheit untersuchen können, die ein Maß für den Rückhalt des politischen Systems in der Bevölkerung ist, das »von der spezifischen bis hin zur diffusen Unterstützung alle Aspekte der Demokratie umfasst«[23], bietet unsere qualitative Studie die Chance, zunächst einmal die Demokratiewahrnehmung anhand folgender Forschungsfragen zu untersuchen: Was verbinden Befragte konkret mit dem Begriff Demokratie? Welche Elemente sind ihnen besonders wichtig? Sind ihre politischen Einstellungen ausschließlich durch Deutschland geprägt oder auch durch ihr Geburtsland beziehungsweise das Herkunftsland ihrer Familie? Wenn ja, inwiefern?

Zum Forschungsdesign unserer Studie

Um die Demokratiewahrnehmung junger Muslim*innen näher zu analysieren, streben wir für unsere qualitativ-explorative Studie halboffene Interviews mit zehn jungen muslimischen Menschen aus Niedersachsen an. Zusätzlich sind Gespräche mit fünf nicht-muslimischen Personen (als Kontrollgruppe) geplant, um Anhaltspunkte für Spezifika einer muslimischen Demokratiewahrnehmung zu eruieren, die mit quantitativen Studien bislang nicht tiefgehend untersucht werden konnten.

Wir gehen von der Annahme aus, dass sich ähnlich wie in bisherigen Erhebungen unter unseren Befragten eine hohe Zustimmung zur Demokratie im Allgemeinen zeigen wird. Gleichzeitig vermuten wir, dass die Wahrnehmungen zwischen Muslim*innen, die seit 2015 nach Deutschland gekommen sind, und hier geborenen türkeistämmigen Muslim*innen differieren werden: Wir gehen von der These aus, dass einige Befragte der letztgenannten Gruppe, die oft deutsche Staatsbürger*innen sind, den demokratischen Charakter eines Systems stärker mit der Wahl der politischen Führung durch die Bevölkerung als mit dem Grundrechtsschutz verknüpfen. Das könnte möglicherweise gerade dann gelten, wenn sie dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan und der Regierungspartei AKP nahestehen. Denn die exekutiven Eingriffe in die Justiz und die Verletzung von Grundrechten lassen Zweifel am demokratischen Charakter der türkischen Regierung aufkommen, den diese mit Verweis auf ihre Machterlangung mittels kompetitiver Wahlen jedoch beansprucht. Bei seit 2015 nach Deutschland gekommenen Muslim*innen vermuten wir hingegen, dass diese stärker die Bedeutung der Grundrechte und des Rechtsstaats für die Demokratie akzentuieren, da manche im Geburtsland eventuell selbst Menschenrechtsverletzungen erlebt und durch die Anerkennung des Geflüchtetenstatus vom Rechtsstaat profitiert haben.[24] Das Wahlrecht hingegen haben die meisten von ihnen nicht, da sie bisher nicht eingebürgert worden sind.

Die Interviews sollen mit einer offenen Frage begonnen werden, die den Befragten – ohne Lenkung durch die Interviewenden – freies Assoziieren ihrer mit dem Demokratiebegriff verknüpften Vorstellungen ermöglichen soll (»Was bedeutet für Dich persönlich der Begriff Demokratie und was verbindest Du damit?«). Die beiden Teilfragen sind inhaltlich weitgehend identisch, doch durch das Verb »verbinden« sollen die Gesprächspartner*innen angeregt werden, frei zu denken und möglichst vermieden werden, dass die Frage als Wissensprüfung verstanden wird.

Im zweiten Teil sollen den Befragten bestimmte Bilder gezeigt und erfragt werden, ob und wenn ja wie die gezeigten Motive für sie mit dem Begriff Demokratie in Verbindung stehen.[25] Die Konfrontation mit Bildmotiven bietet die Chance, Reflexionsprozesse zu stimulieren und das Gespräch auf bestimmte Dimensionen des Demokratiebegriffs zu lenken, den Befragten aber mehr Spielraum für freies Assoziieren zu lassen, als dies bei konkret ausformulierten Fragen der Fall wäre. Geplant ist, den Gesprächspartner*innen Motive vorzulegen, die die drei staatlichen Gewalten repräsentieren (Bundestag, Bundeskabinett, Bundesverfassungsgericht) sowie das Bild einer Stimmabgabe (um die Bedeutung von Wahlen zu thematisieren). Andere Motive sollen Assoziationen der Befragten mit bestimmten Grundrechten anregen wie etwa Bilder eines Demonstrationszuges und eines Arbeitsstreiks. Die Abbildung einer Talkshow soll die Gesprächspartner*innen zudem dazu animieren, auf die Rolle der Medien und der Presse- und Meinungsfreiheit für die Demokratie zu sprechen zu kommen. Daneben sollen Fotos betender Menschen aus einer Kirche, einer Synagoge und einer Moschee vorgelegt werden sowie eine Abbildung, die Werbung für eine atheistische Welt­anschauung zeigt. Hiermit soll eruiert werden, inwiefern Religions- und Weltanschauungsfreiheit für die Befragten zur Demokratie gehören. Zudem lassen sich so eventuelle Vorurteile und Feindseligkeiten gegenüber bestimmten Bevölkerungsgruppen ansteuern. Ein weiteres Motiv soll eine kopftuchtragende Frau zeigen, um zu klären, inwiefern die Befragten die Diskussionen um sich bedeckende Musliminnen im Westen auf Demokratie und Grundrechte beziehen. Auch ist geplant, den Interviewten das Bild einer Menschenmenge beim Christopher Street Day zu zeigen, um zu prüfen, inwiefern der Grundrechtsschutz für Menschen, deren Geschlecht, sexuelle Orientierung oder Identität von der Mehrheitsbevölkerung abweicht, auch als Bestandteil der Demokratie begriffen wird. Zudem sollen den Befragten Fotos führender politischer Persönlichkeiten aus der Türkei, Syrien und Afgha­nistan vorgelegt werden, um zu untersuchen, inwiefern diese Hauptherkunftsländer ihre politischen Einstellungen prägen oder nicht – ergänzt um Bilder von verschiedenen Spitzenpolitiker*innen westlicher Staaten.

Die muslimischen Befragten werden bewusst nicht explizit mit der Frage konfrontiert, inwiefern sie einen Zusammenhang zwischen ihrem muslimischen Glauben und ihrer Auffassung von Demokratie sehen. Durch die Abbildungen eines Freitagsgebets und einer kopftuchtragenden Frau werden die Befragten vielmehr mit Impulsen konfrontiert, die es ihnen ermöglichen, einen Bezug zu ihrer Religion herzustellen, wenn sie dies wünschen. Eine explizite Frage nach dem Verhältnis von Islam und Demokratiewahrnehmung durch die Interviewenden könnte jedoch eine Verzerrung zur Folge haben, da die Befragten sich genötigt sehen würden, eine Verknüpfung herzustellen, die sie selbst ohne den Impuls möglicherweise gar nicht vornehmen würden. Abschließend soll den Interviewten die Frage gestellt werden, wie zufrieden sie mit dem Funktionieren der Demokratie in Deutschland sind.

Die Interviews sollen akustisch aufgezeichnet und später transkribiert werden. Anschließend sollen die Interviewtexte einer qualitativen Inhaltsanalyse nach Philipp Mayring unterzogen werden, wobei zunächst die Kerninhalte identifiziert und diese anhand induktiv gewonnener Codes ausgewertet werden sollen.[26]

Fazit und Ausblick

Angesichts einer ethnisch, religiös-weltanschaulich und kulturell zunehmend heterogenen Gesellschaft und eines wachsenden muslimischen Bevölkerungsanteils stellt die Frage nach dem Demokratiewahrnehmung von in Deutschland lebenden Muslim*innen ein Forschungsdesiderat dar. Zwar ist bekannt, dass das Konzept Demokratie und liberale Freiheitsrechte unter ihnen auf ähnlich starke Zustimmung stoßen wie in der Gesamtbevölkerung, jedoch deuten einige Studien auf eine stärkere Neigung eines Teils der muslimischen Bevölkerung zu autoritären Einstellungen und moralischer Demokratiekritik hin. Allerdings darf dabei nicht übersehen werden, dass die muslimische Bevölkerung in Deutschland ethnisch, kulturell, sprachlich sowie sozioökonomisch sehr heterogen ist und sich durch die Zuzugsbewegungen der letzten zehn Jahre deutlich verändert hat. Insbesondere die Unterschiede zwischen den seit 2015 hinzugekommenen Gruppen und den türkeistämmigen Muslim*innen, bei denen die jüngeren Alterskohorten fast ausschließlich bereits mindestens der zweiten in Deutschland geborenen Generation angehören, oft Deutsch als Muttersprache sprechen und die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, müssen berücksichtigt werden. Unsere Studie soll dazu beitragen, unterschiedliche Formen der Demokratiewahrnehmung in der heterogenen Gruppe junger muslimischer Menschen zu identifizieren und zu eruieren, welche Dimensionen der Demokratie für sie im Vordergrund stehen.

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Literatur::
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[1] Eine große Gefahr für etablierte Demokratien durch schrumpfende Unterstützung sehen etwa Foa, Roberto Stefan und Mounk, Yascha: The Signs of Deconsolidation, in: Journal of Democracy, Jg. 28 (2017), Nr. 1, S. 5–15. https://doi.org/10.1353/jod.2017.0000.

[2] Laut Ausländerzentralregister (AZR) lebten in Deutschland am 31.12.2022 284.595 Iraker*innen, 377.240 Afghan*innen und 923.805 Syrer*innen (letztere stellen nach Türk*innen und Ukrainer*innen die drittgrößte ausländische Gruppe), vgl. Statistisches Bundesamt: Ausländische Bevölkerung nach Geschlecht und ausgewählten Staatsangehörigkeiten, 01.06.2023, URL: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Migration-Integration/Tabellen/auslaendische-bevoelkerung-geschlecht.html [eingesehen am 15.08.2023]. 2011 gab es weniger als 150.000 Ausländer*innen aus den drei Staaten, vgl. Statistisches Bundesamt: Ausländische Bevölkerung am 9.5.2011 in Deutschland nach Staatsangehörigkeit und Geschlecht, 10.04.2014, URL: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Migration-Integration/Tabellen/auslaendische-bevoelkerung-staatsangehoerigkeit-pdf.pdf?__blob=publicationFile [eingesehen am 15.08.2023]. Der sehr hohe Zuwachs ist vor allem auf Fluchtbewegungen im letzten Jahrzehnt zurückzuführen. Die große Mehrheit dieser Geflüchteten ist muslimisch, vgl. Siegert, Manuel: Die Religionszugehörigkeit, religiöse Praxis und soziale Einbindung von Geflüchteten, in: BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, 09.07.2020, URL: https://www.BAMF.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Forschung/Kurzanalysen/kurzanalyse2-2020_iab-bamf-soep-befragung-religion.html?nn=283560 [eingesehen am 22.08.2023].

[3] Die Forschung liefert uneinheitliche Ergebnisse. So hält eine Gruppe um Stephen White in Bezug auf eingewanderte Bürger*innen Kanadas fest, dass deren Wahlteilnahme nicht nennenswert davon abhing, ob sie aus einer Autokratie stammten, vgl. White, Stephen et al.: The Political Resocialization of Immigrants. Resistance or Lifelong Learning?, in: Political Research Quarterly, Jg. 61 (2008), H. 2, S. 268–281, hier S. 276–277, https://doi.org/10.1177/1065912908314713. Ein Team um Antoine Bilodeau stellte bei aus Autokratien eingewanderten Australier*innen zwar ebenfalls eine hohe Demokratieunterstützung und Bereitschaft zur Wahlteilnahme fest, aber auch hohe Zustimmungswerte zu einer Führungsfigur, die ohne Rücksicht auf ein Parlament regieren kann, weshalb auf eine nachhaltige Prägung durch Autoritarismus geschlossen wurde, vgl. Bilodeau, Antoine/McAllister, Ian/Kanji, Mebs: Adaptation to Democracy among Immigrants in Australia, in: International Political Science Review, Jg. 31 (2010), H. 2, S. 141–165, https://doi.org/10.1177/0192512110364737.

[4] Vgl. etwa Schier, Mike: Deutsch-Türken feiern Erdogan. Ein bitteres Zeugnis schlechter Integration, in: Merkur, 30.05.2023, URL: https://www.merkur.de/politik/tuerkei-wahl-deutsch-tuerken-feiern-erdogan-bitteres-zeugnis-schlechter-integration-92311331.html [eingesehen am 15.08.2023]. Gegenteilig: o.V.: Experte über Erdogan-Unterstützung in Deutschland: Wahlen haben keine Aussagekraft über Integration, in: web.de, 25.05.2023, URL: https://web.de/magazine/politik/erdogan-unterstuetzung-deutschland-wahlen-aussagekraft-integration-38248868 [eingesehen am 15.08.2023].

[5] So erzielte Erdoğan beim zweiten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen 2023, also bei der Stichwahl, einen Anteil von 67,2 Prozent der in Deutschland abgegebenen Stimmen (gut eine halbe Million Stimmen) bei einer Wahlbeteiligung von 50,4 Prozent, vgl. o.V.: »Germany Election Results 2nd Round 2023 – Türkiye Presidential Election«, in: Yeni Şafak, 29.05.2023, URL: https://www.yenisafak.com/en/secim-cumhurbaskanligi-2023-2-tur/yurtdisi-almanya-secim-sonuclari [eingesehen am 15.08.2023]. Zu bedenken ist, dass ein erheblicher Teil der türkeistämmigen Bevölkerung in Deutschland nur die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und somit bei türkischen Wahlen nicht wahlberechtigt ist.

[6] Vgl. hierzu etwa Klevesath, Lino et al.: Radikalislamische YouTube-Propaganda. Eine qualitative Rezeptionsstudie unter jungen Erwachsenen, Bielefeld 2021, S. 35–36, https://doi.org/10.1515/9783839456484 sowie Rohe, Mathias: Das islamische Recht. Geschichte und Gegenwart, 3. aktualisierte und erw. Aufl., München 2011, S. 385–388.

[7] Brettfeld, Katrin und Wetzels, Peter: Muslime in Deutschland. Integration, Integrationsbarrieren, Religion sowie Einstellungen zu Demokratie, Rechtsstaat und politisch-religiös motivierter Gewalt. Ergebnisse von Befragungen im Rahmen einer multizentrischen Studie in städtischen Lebensräumen, hg. v. Bundesministerium des Inneren, Hamburg 2007, http://doi.org/10.15496/publikation-4432, S. 142.

[8] Vgl. Brettfeld und Wetzels: Muslime in Deutschland, S. 141–142.

[9] Vgl. Brettfeld und Wetzels: Muslime in Deutschland, S. 265–309.

[10] Vgl. Brettfeld und Wetzels: Muslime in Deutschland, S. 404.

[11] Vgl. Frindte, Wolfgang et al.: Lebenswelten junger Muslime in Deutschland. Ein sozial- und medienwissenschaftliches System zur Analyse, Bewertung und Prävention islamistischer Radikalisierungsprozesse junger Menschen in Deutschland, hg. v. Bundesministerium des Innern, Berlin 2011, S. 257–263, http://doi.org/10.15496/publikation-4271.

[12] Vgl. Pickel, Gert: Weltanschauliche Vielfalt und Demokratie, in: Bertelsmann Stiftung, 11.07.2019, S. 41, https://doi.org/10.11586/2019032.

[13] Pickel: Vielfalt, S. 43. Allerdings wurde hier anders als in anderen Umfragen nicht explizit nach einer Führungsfigur gefragt, die das Parlament nicht zu beachten braucht, so dass die Zustimmung zu der Aussage nicht zwingend auf anti-demokratische Einstellungen hindeutet.

[14] Vgl. Müssig, Stephanie: Politische Partizipation von Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland. Eine quantitativ-empirische Analyse, korr. Aufl., Wiesbaden 2021, S. 225–241, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30415-7.

[15] Vgl. Behr, Harry Harun: DİTİB Jugendstudie 2021. Lebensweltliche Einstellungen junger Muslim:innen in Deutschland, Jugendforschung, Weinheim 2022, S. 9–35.

[16] Vgl. Behr: Jugendstudie, S. 53–54.

[17] Vgl. Behr: Jugendstudie, S. 45.

[18] Vgl. Brücker, Herbert/Rother, Nina/Schupp, Jürgen: IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten. Überblick und erste Ergebnisse, Bd. 29, Forschungsbericht / Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Forschungszentrum Migration, Integration und Asyl (FZ), Nürnberg 2016, S. 14–18.

[19] Brücker/Rother/Schupp, Befragung von Geflüchteten, S. 78.

[20] Ebd.

[21] Vgl. Brücker/Rother/Schupp: Befragung von Geflüchteten, S. 78–80.

[22] Vgl. Freytag, Ronald: Flüchtlinge 2016. Studie der HMKW zu Demokratieverständnis und Integrationsbereitschaft von Flüchtlingen, 16.08.2016, S. 8–9, URL: https://ec.europa.eu/migrant-integration/library-document/fluechtlinge-2016-studie-der-hmkw-zu-demokratieverstaendnis-und_de [eingesehen am 22.08.2023].

[23] Harfst, Philipp: Was genau erfragen wir eigentlich, wenn wir nach ›Demokratiezufriedenheit‹ fragen?, Demokratie-Dialog H. 12/2023, S. 4–13, hier S. 5, https://doi.org/10.17875/gup2023-2367.

[24] Dies könnte erklären, warum unter den um 2015 Geflüchteten in der IAB-BAMF-SOEP-Befragung (s.o.) die Befürwortung der Grundrechte als Schutz vor staatlichen Übergriffen verbreiteter war als unter Deutschen ohne Migrationshintergrund.

[25] Damit greifen wir modifiziert eine Idee aus der 2. Qualitativen Vertiefungsstudie des Niedersächsischen Demokratie-Monitors auf. Im Rahmen der Studie wurden den Teilnehmenden von Fokusgruppen Fotos verschiedener gesellschaftlicher Gruppen gezeigt und gefragt, wie nah oder fern die Befragten den jeweiligen Gruppen stehen, vgl. Kerker, Nina et al.: Deutungsmuster, Mentalitäten und kollektive Identitäten im ländlichen Raum Niedersachsens – NDM 2023, FoDEx-Studie 13, Göttingen 2023, S. 19, https://doi.org/10.17875/gup2023-2408.

[26] Vgl. Mayring, Philipp: Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken, Weinheim 2015, S. 69–90.